Das Monster in meinem Bett - Kinderängste richtig begleiten

Nein, falsch gedacht, hier geht es nicht um den oder die Liebes-PartnerIn im Bett. In diesem Artikel möchte ich alle Eltern oder Bezugspersonen von Kindern auf ein aktuelles Phänomen im Spielzeughandel aufmerksam machen. Es dreht sich um ein wunderbar vermarktetes Stofftiermonster im putzig-bunten Affen-Schlenker-look, allerdings mit hässlichen Glubsch-Augen und einem noch hässlicheren Reißzahn-Maul.

Und - wissen Sie schon, was ich meine?


Die dunkle Seite fesselt, denn sie ruft nach Erlösung


Foto: Pixabay


Derzeit verkauft es sich nicht nur im Internet (wo ich es Anfang des Jahres zum ersten Mal sah), sondern auch an jedem Touristenstand in Istrien (wo ich unlängst war), und nun auch vor unserer Haustüre in einem beliebten Spielwarengeschäft.

 

Was ist da so schlimm daran? Wenn es nur ein hässliches Stofftier wäre, gar nichts.
Leider ist vielen Eltern nicht bekannt, was es hiermit auf sich hat. Das Schlimme ist, dass die Story hinter diesem Monster das Gegenteil von all dem ist, was wir unseren Kindern wünschen.
Die Hauptfigur ist der Bewohner einer verlassenen Spielwarenfabrik, die nur darauf wartet, die Kinder mit seinen Umarmungen zu töten („I’ll hug you til you die“). Es ist ein Computerspiel, das nun nicht nur mehr ältere Fans des Horror-Genres begeistert, sondern jetzt auch  - Hurra! - Kinder aller Altersgruppen. Dank der perfekten Marketing-Maschinerie mit fetzigem Popsong  (und ekeligen Video dazu) wunderbar gelöst.


Wie sollen nun Eltern reagieren, wenn ihre 4-Jährige vom Kindergarten (ja, es kursiert nicht nur in den Volkschulen) heimkommt, und von einem bösen Monster erzählt? Eines das es wirklich gibt, das in der Nacht immer größer und größer wird und Gift im Bauch hat? Eines, was die beste Freundin schon hat und das so unglaublich faszinierend ist? Aber was auch sooo viel Angst macht?

Ja, das Monster unter dem Bett und die kindlichen Ängste davor sind völlig entwicklungsgemäß und normal. Im Kindergartenalter und  jungen Volkschulalter beschäftigen sich unsere Kleinen ganz intensiv mit potentiellen Gefahren und sind gleichermaßen fasziniert wie auch abgestoßen davon.
Es ist wichtig, auch irrationale Ängste ernst zu nehmen.

  • Schauen Sie gemeinsam unter das Bett, dass da auch wirklich nichts ist. Führen Sie Rituale ein, wo sich Kinder Sicherheit  verschaffen können. Vielleicht hilft auch ein Zauber, der das Monster kleiner werden lässt.

 

  •  Belächeln Sie niemals Angst-Gedanken. Die Unterscheidung von Realität und Fantasie ist ein Prozess der Hirnentwicklung, der bis zum 8. Lebensjahr dauern kann. Sie können hier unterstützen, indem Sie ruhig bleiben, klar Informationen geben und spielerisch den vorgestellten Monstern Raum geben. Denn die dürfen sein.

Aber anstatt sie als widerliches Stofftier ins Bett zu holen, können Sie sie selbst zeichnen lassen, einen Namen geben und dann einladen, zu sagen, was sie brauchen. (Es gibt auch tatsächlich süße Kuschelmonsterchen, die eignen sich besser. Oder Sie basteln/nähen sich selbst eines!)


Monster sind (wie auch bei uns Erwachsenen) personifizierte Ängste vor Verlust, Einsamkeit, Schmerz und Trauer. Man kann dem Monster eine Stimme geben und fragen, was es denn bräuchte.
So therapeutisch zu arbeiten, verwandelt das Monster in einen nützlichen Helfer. Und es verzieht sich dann, wenn es „beruhigt“ und gehört wurde.

Mit dem genannten Stofftier gelingt dieser Prozess nicht, denn die Geschichte dahinter ist zu präsent, sie wird unter den Kindern gruselig nacherzählt und hat keinen heilsamen Effekt, im Gegenteil. Sie ist bedrohlich und vernichtend.


Ich kann Sie nur bitten, diesem Trend nicht nachzugeben, auch um dieser skrupellosen Geschäftemacherei auf Kosten der psychischen Gesundheit der Kinder Einhalt zu gebieten.


Meine Kinder beispielsweise verstehen meine Aufregung nur begrenzt, denn das Viecherl ist ja "soooo süss". Doch es steht in unserer Verantwortung, Strukturen nicht zu unterstützen, die die Welt nicht besser machen. Oder gar unseren Kindern schaden können. Viele Gespräche sind hier wichtig, um Kindern das zu erklären. Und das lohnt sich.


Danke  - und viel Erfolg bei dem gemeinsamen Monster-Suchen und Zähmen! 



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Kommentare: 1
  • #1

    Nagl Sandra (Samstag, 30 Juli 2022 22:05)

    Liebe Annette! Ich danke dir von ganzem Herzen für diesen tollen Bericht! Ich finde dieses "Kuscheltier" furchtbar und durfte in meinem Urlaub auch die ganze Familie aufklären...